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Von der "Bildstelle" zum "Medienzentrum"
"Ein Bild sagt mehr als tausend Worte":
Schaubilder, Karten, ausgestopfte Tiere und Schaukästen mit
aufgespießten Insekten sind nach dem Schulbuch über
Jahrzehnte die wichtigsten Lehrmittel gewesen.
Das Aufkommen der Fotografie und ganz besonders der "lebenden"
Fotografie ( = Film) anfangs des 20. Jahrhunderts wirkten im
Lehrbereich wie eine Revolution. Lehrer erkannten sofort den pädagogischen
Wert der fotografierten Realität, die als Lichtbild an die
Schulwand projiziert werden konnte. Noch größere Realität
sollte aber der Film in die Klassenzimmer bringen. Das Pestalozzi-Wort:
"Anschauung ist das Fundament aller Erkenntnisse"
konnte nun im Unterricht mehr denn je verwirklicht werden.
Die Beschaffung und der Einsatz von Schulfilmen war anfangs jedoch für
die Lehrkräfte noch sehr aufwändig und verlangte viel
Engagement. Daher wurde der Ruf nach öffentlichen Einrichtungen, in
denen "alle Schulen ihr Bildmaterial holen, wie der Lehrplan es
erfordert" immer lauter.
Die Geburtsstunde der bayerischen Bildstellen schlug, als der
Unterrichtsfilm durch Ministerialerlass vom 25. August 1934
eingeführt wurde:
"Der Film soll als gleichberechtigtes Lernmittel dort an die
Stelle des Buches usw. treten, wo das bewegte Bild eindringlicher als
alles andere zum Kinde spricht. ( ... ) Zur Erreichung des hier
gezeigten Zieles ist es nötig, dass innerhalb weniger Jahre alle
deutschen Schulen mit Filmgeräten ausgerüstet werden und dass
aus dem engen Zusammenwirken von erfahrenen Lehrern, Fachleuten und
Filmschaffenden die erforderlichen Unterrichtsfilme entstehen."
Mit diesem Erlass wurde die Einführung von Lichtbildern und
Unterrichtsfilmen in den lehrplanmäßigen Unterricht
einheitlich geregelt, staatlich anerkannt und gefördert.
Es entstanden bis zum Kriegsbeginn in Bayern 165 Stadt- bzw.
Bezirksbildstellen, mit der Aufgabe, die allgemeinbildenden
Schulen mit Lichtbildern und Unterrichtsfilmen zu versorgen. Träger
dieser Bildstellen waren die Bezirke bzw. kreisfreien Städte. Die "Bezirksbildstelle
Eichstätt" wurde am 1. März 1935 in der Rechtsform eines
eingetragenen Vereins errichtet, dem die Kommunen als Träger
der Schulen angehörten. Ihnen oblag folglich auch die Finanzierung.
Für jeden Schüler hatten sie pro Jahr 15 Pfennige zu leisten.
Erster Bildstellenleiter war Oberlehrer Josef Schmidtlein. Die
Medien - 16-mm Stummfilmkopien und Diareihen - wurden von der "Reichsstelle
für den Unterrichtsfilm" hergestellt. Langsam, aber stetig
wuchsen die Bestände. Von den Bildstellenleitern wurde großer
Idealismus verlangt, mussten sie doch ihre Arbeit nebenamtlich und meist
ohne Stundenentlastung erfüllen.
Aus der Zeit von 1935 bis 1948 sind kaum Aufzeichnungen von der
Bildstelle Eichstätt vorhanden. Die Beschreibung einer anderen
Bildstelle aus jener Zeit dürfte jedoch auch für Eichstätt
gelten und zeigt die noch recht bescheidenen Verhältnisse auf: "Ein
kleines Zimmer, ein Film- und ein Diaschrank , ungefähr 150
Medientitel. Ein Tisch war die Verleihtheke; in der Schublade wurde das
Verleihbuch aufbewahrt. Jeweils am Donnerstagnachmittag wurden vom
Bildstellenleiter Medien ausgegeben und zurückgenommen. Weiteres
Personal gab es nicht."
Es ist anzunehmen, dass während der letzten Kriegsjahre wie in den
meisten anderen Bildstellen Bayerns der gesamte Verleih ruhte.
Am 1. März 1948 öffnete die jetzt "Stadt-
und Kreisbildstelle Eichstätt" benannte Einrichtung wieder
ihre Pforten. Josef Schmidtlein blieb der Leiter der Institution. Bei
einem Versorgungsbereich von damals 99 Schulen, darunter 39 "ländlichen
Berufsschulen", und einer Umlage von 0,10 DM pro Schüler war
die Ausstattung mit Medien schwierig. Es gab im Landkreis sogenannte "Umlaufgruppen"
von vier bis acht Schulen mit einem Filmgerät, so dass dieses jeder
Schule nur wenige Wochen im Jahr zur Verfügung stand.
In den 50er und 60er Jahren war folglich die erste wichtige Aufgabe
der Bildstelle, die Schulen mit Geräten zu versorgen. In einer
vom Landkreis unterstützten Aktion wurden von 1957 - 1962 alle
Schulen gegen einen relativ geringen Eigenbeitrag mit hochwertigen
Agfa-Dia-Projektoren versorgt, ab 1961 konnten sie Tonfilmprojektoren
beschaffen: für 150 DM den "Elektor Junior" oder für
300 DM ein Gerät von Siemens. Beide Geräte taten vielerorts
noch bis in die 80er Jahre ihren Dienst.
Die zweite ebenso wichtige Aufgabe der Bildstelle war, die Lehrerschaft
vom unterrichtlichen Wert des Lichtbildes und Films zu überzeugen
und sie in einer Vielzahl von filmpädagogischen
Fortbildungsveranstaltungen (zweitägige Kreisseminare) in
den technisch, lehrplanmäßig und methodisch richtigen Einsatz
dieser Medien einzuweisen. Das Ergebnis der Bemühungen war ein überaus
großes Anwachsen der Verleihzahlen. In der Führung
der Bildstelle gab es 1963 einen Wechsel: Hauptlehrer Adolf
Oberhofer, der schon 1955 zum Stellvertreter Schmidtleins bestimmt
worden war, übernahm die Leitung. Sein Stellvertreter wurde 1964
Hauptlehrer Hermann Dorn. Am 1. Juli 1968 tauschten beide das
Amt. In den 60er und 70er Jahren stieg der Haushalt der Stadt- und
Kreisbildstelle kontinuierlich an: von 1.500 DM im Jahr 1961 auf 16.000
DM im Jahr 1971.
Die Landkreisreform 1972 hatte auch eine Umorganisation
der Bildstelle zur Folge. Im neuen Landkreis Eichstätt
befanden sich nun ja außer in Eichstätt auch noch je eine
Bildstelle in Ingolstadt und in Beilngries, die beide zu
diesem Zeitpunkt schon große Archive besaßen. Die Bildstellenleitung
blieb in Eichstätt, Ingolstadt mit dem Leiter Rudolf
Winterstein und Beilngries mit Friedrich Neidhart
wurden als Außenstellen der nun in "Kreisbildstelle
Eichstätt" umbenannten Hauptstelle weitergeführt, die
Ingolstädter Bildstelle in die Hauptschule Kösching
verlagert. Der Beitrag der Kommunen pro Schüler entfiel, und der
neue Haushalt in Höhe von 60.000 DM für alle drei Bildstellen
zusammen wurde aus der Kreisumlage finanziert. Man kam damals überein,
für die Außenstelle Beilngries keine neuen Medien mehr
anzuschaffen - ein Beschluss, der dazu führte, dass Beilngries in
den 80er Jahren allmählich den Verleih einstellte. Die Außenstelle
Kösching besteht bis heute unter der Leitung von Richard Dirsch.
Einen großen Fortschritt brachte die Genehmigung einer
Mitarbeiterstelle für Eichstätt (Ingolstadt hatte schon vor
der Gebietsreform eine Halbtagskraft).
Anfangs der 70er Jahre wurden Presse, Rundfunk, Film und Fernsehen zu
Massenmedien, zu Medien, die Kultur und Lebensstil bestimmten.
Dies hatte auch auf den Medieneinsatz in den Schulen Auswirkungen: In
einer Aktion des Bayerischen Rundfunks wurden die Schulen mit Rundfunkrekordern
und Fernsehgeräten, später mit Videorekordern
zu einem stark reduzierten Preis ausgestattet.
Im Bereich der Bildstellenarbeit vollzog sich durch den technologischen
Fortschritt ein struktureller Wandel. Es entwickelte sich
bis heute ein immer breiter und differenzierter werdendes
Medienangebot: Über die "klassischen Medien"
wie Dias, Arbeitstransparente, Tonfilme, 8-mm-Arbeitsstreifen,
Schulfernseh- und Schulfunksendungen ging die Entwicklung über die
Videofilme hin zu den "Neuen Medien" wie multimedialen
Lernprogrammen auf CD-ROM und DVD als digitale Trägermedien. Der
Bestand der Kreisbildstelle vermehrte sich vor allem durch die
Videofilme explosionsartig. Heute stehen ca. 6000 Medientitel
der verschiedensten Medienarten zum Einsatz in der Bildungsarbeit
bereit.
Angesichts der Medienflut gewann für die Bildstellen die Medienpädagogik
immer mehr an Gewicht. Das Bayerische Staatsministerium unterstrich die
Wichtigkeit der medienpädagogischen Aufgaben der
Bildstellen mit der Bekanntmachung vom 8. April 1974, in der den
Bildstellen der "Pädagogische Auftrag" erteilt
wurde.
Bernhard Eder wurde 1977 an der Kreisbildstelle Eichstätt
erster Inhaber dieses neuen Amtes, dessen Kernaufgabe die medienpädagogische
Beratung und Vermittlung von Medienkompetenz war. 1985 übergab
Hermann Dorn auch die Leitung der Bildstelle an Bernhard Eder.
Die letzten zwanzig Jahre sind gekennzeichnet durch eine starke
medienpädagogische Tätigkeit der Bildstelle und seiner
Leiter. Bei einem immer schwerer überschaubaren Medienmarkt im
Zeitalter der Informations- und Kommunikationstechnik entwickelte sich
die Bildstelle zum mediendidaktischen Beratungszentrum mit einem
breitgefächerten schulischen und außerschulischen
Fortbildungsspektrum.
Um die Fülle der Medienkopien und Verleihvorgänge zu bewältigen,
wird seit 1989 die elektronische Datenverarbeitung genutzt. 1991
erschien der erste mittels EDV erstellte Katalog. Seit 1999 ist die
Bildstelle mit ihrem "Online-Katalog" im Internet
(www.medienzentrum-eichstaett.de) vertreten.
Der Wandel der Bildstelle von der kleinen, schulorientierten
Medienbeschaffungs- und Verleihstelle zu einem leistungsfähigen,
immer am technischen Fortschritt orientierten Medienzentrum mit einem
vielfältigen Leistungsangebot für den schulischen und außer-schulischen
Bildungsbereich ist damit vollzogen und die Umbenennung der Bildstelle
in "Medienzentrum des Landkreises für Schule und Bildung"
wegen des geänderten Leistungsprofils folgerichtig.
Nichts könnte auch den Wandel der Bildstelle Eichstätt
anschaulicher dokumentieren, als der Umzug bzw. Einzug in die neuen,
modernen Räume, der in Eichstätt im Jahre 2001 erfolgte.
Die Außenstelle Kösching hat im Oktober 2006 zeitgemäße
und funktionelle Räumlichkeiten in der Realschule Kösching
bezogen.
Im Februar 2010 begann durch die Online-Mediendistribution
eine neue Ära. Diese zukunftsgewandte Technik ermöglicht jedem
Kunden von zu Hause aus seine Medien herunterzuladen, und zudem ist die
Verfügbarkeit dieser Medien jederzeit gewährleistet.
Ludwig Eder
Quellen:
- FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und
Unterricht (Hrsg.): Medien, Bildung und Visionen 75 Jahre
Bildstellen/Medienzentren - 50 Jahre FWU - Lahnstein 2000
- Bernhard Eder: Chronik der Bildstelle Eichstätt
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